Gegensätze sagten Guten Tag!
34. Würzburger Jazzfestival überraschte sechsmal
War das eigentlich noch Jazz, wenn es wumpte wie in einer Techno-Disko oder unter der weißlackierten Hallendecke schwebte wie bekiffter Krautrock? Sagen wir es so: Beste Klangkunst von Musikern mit Jazzausbildung brachte das 34. Festival der Jazzinitiative Würzburg am letzten Oktoberwochenende, dem Traditionsdatum dieses Zweitagestreffs im Felix-Fechenbach-Haus.
Der Termin ist aber auch schon alles an Tradition beim „Ini-Fest“, das heuer vom Jazzer-Landesverband ausgeguckt worden war, um zugleich auch das dritte Landes-Jazzfestival auszurichten. Denn rückgewandte Traditionalisten werden hier zuverlässig enttäuscht – oder sie lernen etwas Besseres kennen. Sechs Bands traten an den beiden Tagen auf – aber weder Dixie noch Swing nostalgierte durch den stets vollen Saal im Stadtteilzentrum Grombühl. Aber auch kein Bebop oder Freejazz – oder doch nur in Anklängen. Der Jazz von heute ist freier denn je, übertritt frech Genregrenzen der letzten 100 Jahre und gibt den Künstler noch mehr Raum für individuelle Interpretationen. Oder, um noch einmal auf das Verhältnis der Würzburger und ihrer Gäste zur Tradition zu kommen: Die ist inzwischen so reichhaltig, dass sich gut ausgebildete Jazzer in völliger Freiheit von ihr bedienen können, um etwas Neues zu schaffen.
Die Programmauswahl unter Leitung von Jazzini-Vorsitz Jörg Meister ließ sich von der Frage leiten: Welche Jazzer haben uns eigentlich etwas für die Gegenwart zu sagen? Und da haben Musikhochschüler plötzlich das gleiche Recht wie die knapp 90-jährige internationale Stargästin Sheila Jordan.
Die ist ein gutes Beispiel – nein, nicht für die „großen Namen“ des Programms – dafür, dass altes Songmaterial, in einer offenen, improvisierten Form dargebracht, genau so lebendig und zukunftsfähig klingen kann wie junge Komponisten, die sichtlich auch über die letzten Trends am Jazzerhimmel orientiert sind. Ein Zuhörer formulierte es so: „Die Musikerinnen und Musiker, die im Jazz auch einen Entertainment-Auftrag sehen, haben den Akademikern einfach etwas voraus.“
Das Unterhaltungs-Brett gab dem Publikum die Jazzrausch Bigband mit erbarmungslos pumpender Kickdrum: Rund 16 Musiker riefen mit ihrem mundgeblasenen Techno zur Tanzparty, bei der Sonntag um elfe nachts immerhin ein paar Handvoll reiferer Damen und Herren mithüpften.
Sehr viele junge Künstler auf der Bühne – noch ziehen die Zuschauer bei dieser demografischen Entwicklung nicht ganz mit. Es gab schon mal Jahre, in denen Jazz bei einem größeren studentischen Publikum ankam. Die Jazzinitiative tut ihr bestes, eine solche Phase für die nächste Zukunft wieder anzuleiern.
Wir bedanken uns recht herzlich bei allen teilnehmenden Künstlern, beim Bayerischen Jazzverband, bei allen aktiven Helfern, Organisatoren, Partnerfirmen und Sponsoren sowie bei dem wunderbaren Publikum für die erfolgreichen Veranstaltungstage.
Vielen Dank weiterhin an unsere 2. Vorsitzende Carola Thieme für die Fotoimpressionen.
Pressebericht der Mainpost vom 29.10.2018. Danke an Manfred Kunz:
PRESSEBERICHT LESEN (Link zur Mainpost)